Page 14 - Taxikurier September 2023
P. 14
recht kompakt
VERKEHRSRECHT
EINE BUNDESWEITE PREMIERE:
DER MÜNCHNER FESTPREISKORRIDOR
Erst mal egal, wie der frisch verabschiedete Tarifbestand- ist der Tarifkorridor vom Festpreis für vorbestellte Fahrten so zu
teil zu benennen ist – in der Taxitarifordnung ist er unterscheiden, dass bei letzterem der Preis vor Fahrtbeginn fest-
jedenfalls eindeutig mit „Tarifkorridor“ betitelt. Die alles steht. Bei dem Tarifkorridor dahingegen steht nur fest, dass ein
überragende Hauptsache ist, dass die Branche mit dem verhandelter Kilometerpreis, der innerhalb des festgelegten Tarif-
neuen Pauschaltarif ein wirkkräftiges Instrument be- korridors liegt, anzuwenden ist. Also ist dort der endgültige Preis
kommt, um dem Vorteil der Unlauterkonkurrenz, die dem erst nach Beendigung der Fahrt sicher. Deshalb sehe ich den
Fahrgast vorab einen Preis anbietet, nun effektiv etwas neuen Münchner Tarif eher als ein Zwischending.
entgegensetzen zu können.
Aber sei’s drum, über die Benennung sollte man sich nicht strei-
Lassen Sie uns hier mal untersuchen, wieso dieser tarifliche ten, sondern sich mit dem Münchner Gewerbe darüber freuen,
Quantensprung jetzt rechtlich möglich ist: Es gab bereits mit dass dieses nun auch Pauschalpreise bei Vorbestellungen anbie-
dem alten Personenbeförderungsgesetz die Möglichkeit des Fest- ten kann. Dies eröffnet neue Kundenverbindungen, da der Weg
preises für bestimmte Wegstrecken, wobei diese Tarifkomponente sehr viel offener für die Einbindung in Reiseketten ist, weil die
erst mit dem neuen Recht auch in das Gesetz aufgenommen Reiseveranstalter ihren Kunden von vorneherein Festpreise an-
wurde. Auch hier war die bayerische Hauptstadt mit ihrem seit bieten können. Auch Großfirmen werden darauf zugreifen, weil
vielen Jahren bekannten Festpreis für die Relation Flughafen- deren Reisekostenstellen ihren Abrechnungsaufwand deutlich
Messe bzw. -Innenstadt oder -Hauptbahnhof vorne dabei. minimieren können. Ein Volltreffer!
Mit der PBefG-Novelle 2021 ist der davon zu unterscheidende
Festpreis auf vorherige Bestellung ebenso neu eingeführt worden Wo steht’s im Gesetz?
wie die alternative Möglichkeit, einen Tarifkorridor zu bestim- § 51 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 PBefG
men. Bei dem Festpreis auf vorherige Bestellung hat die je wei- (Festpreis für bestimmte Wegstrecken);
lige Genehmigungsbehörde, die regelmäßig auch Tarifgenehmi- § 51 Absatz 1 Satz 4 1. Alternative PBefG
gungsbehörde ist, die in ihrem Ermessen stehende Möglichkeit, (Festpreis auf vorherige Bestellung);
für vorbestellte Taxifahrten Festpreise zu bestimmen. Auf § 51 Absatz 1 Satz 4 2. Alternative PBefG
welchem Kommunikationsweg die Vorbestellung der Taxifahrt (Tarifkorridor)
erfolgt, ist unerheblich. Die Vorbestellung kann sowohl elektro-
nisch über Smartphone-App, Web-Applikation oder per E-Mail,
als auch telefonisch erfolgen. Das Tatbestandsmerkmal, dass der
Festpreis „bestimmt” wird, ist eigentlich so zu lesen, dass der
Preis nicht von den Vertragsparteien des Beförderungsvertrages
ausgehandelt wird, sondern dass die Behörde in der Taxitarif-
verordnung einen Festpreis vorschreibt, auf dessen Anwendung
(statt des „normalen“ Taxitarifs) sich der Fahrgast berufen kann.
Aus Anwendungsgründen spricht viel dafür, dass dies ein rein
wegstreckenabhängiger Preis ohne Wartezeitkomponente sein
muss, der vor Beginn der Fahrt feststeht und auch vor Fahrt-
beginn in den Taxameter eingegeben werden muss.
Alternativ kann die Genehmigungsbehörde ihr Ermessen nutzen, Der Autor:
um einen Tarifkorridor einzuführen. Das heißt, dass sie in der Rechtsanwalt Thomas Grätz
Taxitarifverordnung regelt, dass ein dort festgelegter Mindest- ist seit über 30 Jahren mit
tarif nicht unterschritten und ein dort festgelegter Höchstpreis Personenbeförderungsrecht
nicht überschritten werden darf. Innerhalb dieses Tarifkorridors befasst und war Geschäftsführer
kann dann zwischen den Parteien des Beförderungsvertrages vom damaligen Taxi-Bundes-
der anzuwendende Kilometerpreis frei vereinbart werden. verband BZP. Bekannt ist auch
In München ist die Lösung gefunden worden, dass der Festpreis sein PBefG- Standardwerk
für vorbestellte Fahrten vom Unternehmen bzw. einem vorge- „Fielitz ⁄ Grätz“.
schalteten Vermittler (Taxizentrale) und dem Kunden ausgehan-
delt wird, wobei der Kilometerpreis nicht unter 5 % unter dem
normalen Wegstreckentarif und höchstens 20 % über diesem lie-
gen darf. Die bekannten Zuschlagsregelungen sind anzuwenden,
Wartezeit- und Anfahrtsregelungen nicht. Nach meiner Auslegung
14 ⁄ TAXIKURIER ⁄ SEPTEMBER 2023