Page 31 - Taxikurier November 2023
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Aus Respekt vor Hitler: Keine weiteren ten vielleicht etwas zu sehr betrieben wor- Ehrlichstraße – Stephanskirchener Straße;
lebenden Nationalsozialisten den, so dass das abgebremst werden sollte. Neubauerstraße – Törwanger Straße.
Als Stadtrat der NSDAP vor 1933 hatte sich Nun können wir natürlich, wenn wir in Die Erklärung der Neubauerstraße sei hier
Fiehler im Gremium wiederholt skeptisch München eine Ausnahme von diesem Ver- stellvertretend zitiert, um ein zeitgenössi-
gegenüber der Benennung von Verkehrs- bot machen wollen, das nicht tun, ohne sches Stimmungsbild zu zeichnen: „Kurt
flächen nach Lebenden gezeigt, etwa am den Führer dabei zu hören. Sie wissen, dass Neubauer, geboren 27. März 1899 in Hop-
5. Dezember 1929: „Ich beantrage, zu- der Führer uns nicht genehmigt hat, in fengarten, Kreis Bromberg. Meldete sich als
nächst darüber abzustimmen, ob überhaupt München eine Straße oder einen Platz in 16-Jähriger als Kriegsfreiwilliger und zog
Straßen nach lebenden Personen benannt ‚Adolf-Hitler-Straße’ oder ‚Adolf-Hitler- nach kurzer Ausbildung ins Feld. Nach dem
werden sollen. Ich bin der Meinung, dass Platz’ umzubenennen. Ich scheue mich Kriege meldete er sich bei der Sturmabtei-
wir das nicht tun sollen, gewiss sind schon dann schon, einen anderen Platz nach ei- lung Roßbach, kämpfte unter ihm im Balti-
Ausnahmen da.“ Der preußische Innenmi- ner lebenden Persönlichkeit zu benennen. kum, Oberschlesien und Westfalen. Er
nister Hermann Göring (1893–1946) ver- Dass wir einen Ritter-von-Epp-Platz haben, schrieb am 8. Oktober 1923 die propheti-
kündete am 4. Juli 1933 den für ganz kann man nicht mehr korrigieren. Der Füh- schen Worte: Das Volk will noch nicht an
Deutschland geltenden Erlass: „Straßen- rer selbst wollte, dass er nicht mehr korri- Adolf Hitler glauben, aber es wird einmal
namen nach lebenden Personen sind grund- giert wird. Wenn ich aber gewusst hätte, an ihn glauben müssen. Neubauer fiel am
sätzlich zu vermeiden und nur in ganz dass er es ablehnt, einem Platz oder einer 9. November 1923 an der Feldherrnhalle.“
besonderen Ausnahmefällen zugelassen.“ Straße seinen Namen zu geben, hätte ich In thematischer Anlehnung an die nahe
Und zu diesen ganz besonderen Ausnahmen nie vorgeschlagen, einen Ritter-von-Epp- Chiemgaustraße und die ins Chiemgau füh-
gehörten offenbar die zahlreichen, noch Platz zu machen, weil mir das absolut rende Autobahn Salzburg entstanden diese
lebenden Verbrecher des Regimes, nur eben gegen den Strich gegangen wäre.“ neutralen, politisch entschärften Namen
nicht in München. Hier wurde eine Anzahl nach dortigen Örtlichkeiten. Am 18. Okto-
von Straßen nach toten Nationalsozialisten ber 1934 benennte der Stadtrat den Ro-
benannt, die infolge der bürgerkriegsähnli- Ramersdorf: Von toten National- senheimer Berg in Straße des 9. Novem-
chen Zustände vor 1933 ums Leben gekom- sozialisten in den Chiemgau ber um, weil der Hitlerputsch im dortigen
men waren. Die in diesem Zusammenhang Bürgerbräukeller begonnen hatte. Bereits
merkwürdig scheinende Zurückhaltung in Wo das Leben ist, da darf auch der Tod am 20. November 1934 lag das Verbot Hit-
Sachen Straßenbenennung nach Lebenden nicht fehlen. Eine Anzahl von Straßen wur- lers, des selbst ernannten „Beauftragten
lag in Hitlers Funktion als Beauftragter der de nach toten Nationalsozialisten benannt, der NSDAP“ für seine Heimatstadt, auf dem
NSDAP für München begründet. In jeder die infolge der bürgerkriegsähnlichen Zu- Tisch. Oberbürgermeister Fiehler musste
Gemeinde wachte ein solcher Beauftragter stände vor 1933 ums Leben gekommen wa- jetzt dem Gremium mitteilen: „Nun hat der
über den Gang der Kommunalpolitik und ren. Ein solches zusammenhängende Gebiet Führer für die Verewigung des 9. November
gab ihm seinen Segen oder auch nicht. war die Mustersiedlung Ramersdorf, eröff- durch Benennung einer Straße in München
Gerade in der „Hauptstadt der Bewegung“ net am 30. Juni 1934 anlässlich der Deut- besondere Pläne und wünscht daher, dass
und der Stadt seines politischen Anfanges schen Siedlungsausstellung. Sie erhob den dieses rückgängig gemacht werde.“ Und da-
und Aufstieges achtete Hitler darauf, dass Anspruch: „Die Ausstellung geht von dem bei blieb es, sodass nach dem Krieg eine
nichts seinen hochfliegenden Pläne ent- nationalen Grundgedanken aus, dem Deut- Straße weniger umbenannt werden musste.
gegenlief. München sollte in ganz großem schen im eigenen Land das Leben wieder
Stil umgebaut und architektonisch aufge- lebenswert zu machen. Ihr liegt der soziale
rüstet werden. Eine der zentralen Planun- Gedanke inne, der gesunden deutschen Harlaching: Von toten National-
gen war dabei die Verlegung des Haupt- Familie ihren weiteren Erholungs- und Be- sozialisten zu Demokraten
bahnhofes in Richtung der Friedenheimer wegungsraum in der deutschen Landschaft
Brücke und die Errichtung einer überdimen- sowie ihren eigenen Lebensraum auf eige- In Harlaching entlang der Oberbiberger
sionierten Prachtstraße zwischen Stachus ner Scholle zu verschaffen und zu erhal- Straße wurde ein Neubaugebiet mit Ver-
und diesem neuen Bahnhof. Nach dem er- ten.“ Zu Untermauerung dieser Gedanken kehrswegen erschlossen, die am 13. August
hofften Endsieg sollten die Bauarbeiten schienen diejenigen Toten besonders ge- 1936 nach SA-Männern benannt wurden
beginnen und für diese Magistrale hielt eignet, die beim misslungenen Hitlerputsch und sofort nach dem Krieg am 12. Juni
Hitler seinen eigenen Namen für angemes- vom 9. November 1923 ums Leben gekom- 1945 neue Benennungen nach Politikern
sen. Oberbürgermeister Fiehler thematisier- men waren. Am 18. Mai 1934 stiegen fol- der zuvor verfolgten SPD erhielten:
te dies am 7. Januar 1937 im Stadtrat gende Männer zu Straßenehren auf, die
folgendermaßen: „Es sind wiederholt An- ihnen nach der Befreiung vom Nationalso- ➔ Daniel-Sauer-Straße: „Geboren am
regungen herangetragen worden, Straßen zialismus postwendendend am 1. Juli 1945 10.4.1865 zu Prichsenstadt in Unter-
nach bewährten Nationalsozialisten zu be- wieder abhandenkamen: franken, setzte sich in der Gegend von
nennen. Nun hat das hier in München zwei Kissingen als einer der ersten tatkräftig
große Schwierigkeiten. Die eine ist allge- Bauriedlstraße, danach Bernauer Straße; für den Nationalsozialismus ein und
meiner Art. Es besteht eine Anordnung, Scheubner-Richter-Straße – Frauen- wurde am 1. Mai 1923 in Sickenhausen
dass in der Regel keine Straßen nach le- chiemseestraße; unweit Kissingen von Marxisten er-
benden Persönlichkeiten benannt werden Casellastraße – Herrenchiemseestraße; schossen.“ Jetzt Friedrich-Ebert-Straße:
sollen. Es ist das zwar kein absolutes Ver- Laforcestraße – Hohenaschauer Straße; „Erster Reichspräsident, geboren
bot. Derartige Straßenbenennungen sind Hechenbergerstraße – Krottenmühlstraße; 4.2.1871 in Heidelberg, gestorben
aber eine Zeitlang in einer Reihe von Städ- Allfahrtstraße – Schlechinger Weg; 28.2.1925 in Bremen.“
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