Page 32 - Taxikurier November 2023
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➔  Maikowskistraße: „Hans Eberhard Mai-  Umbenennung natürlich leichter. Aber zu-  ➔  Ludwig-Siebert-Platz (1874–1942,
             kowski, Sturmführer 33, der in Berlin in   rück zum Thema der lebenden Personen.    bayerischer Ministerpräsident, natürli-
             der Nacht vom 30. auf 31. Januar 1933                               cher Tod) zu Gößweinsteinplatz.
             von kommunistischer Mörderhand fiel.“
             Nun Stresemannstraße: „Dr. Gustav   Eingemeindungen: 1937 – 1942   ➔  Doktor-Frick-Straße (1877–1946,
               Stresemann, geboren 10.5.1878 und                                   Wilhelm Frick, deutscher Innenminister,
               gestorben 3.10.1929 in Berlin, Natio-  Im Dritten Reich übte man in München   am 16. Oktober 1946 in Nürnberg
             nalökonom und nationalliberaler Politi-  also eine vollständige Zurückhaltung bei     hingerichtet) zu Hoheneckstraße.
             ker, Reichsaußenminister 1923-1929,   der Benennung nach Lebenden mit Aus-
             Friedensnobelpreis 1926 (zusammen mit   nahme des Ritter-von-Epp-Platzes. Anders   ➔  Hermann-Göring-Straße (1893–1946,
             Aristide Briand).“              in den seit 1937 eingemeindeten Orten:   Generalfeldmarschall, Selbstmord am
                                             Hier waren mit den neuen Siedlungen   15. Oktober 1946 in Nürnberg) zu
           ➔  Oskar-Körner-Straße: „Kaufmann, gebo-  ganze zusammenhängende NS-Viertel ent-    Liebensteinstraße.
             ren 4.1.1875 in Oberpeilau. Er trat am   standen, deren Straßen mit der Einge-
             5. Febuar 1920 in die NSDAP ein und   meindung nach München gelangten, wobei  ➔  Doktor-Goebbels-Straße (Joseph Goeb-
               arbeitete unermüdlich für die Bewegung,  die ehemaligen Gemeinden Riem und   bels, 1897-1945, Propagandaminister,
             bis er am 9. Nov. 1923 für sie starb. Er   Großhadern eine ungewöhnliche Aus-  Selbstmord am 1. Mai 1945 in Berlin)
             war Gründer mehrerer Ortsgruppen und   nahme machten: Ihre politisch Verant-  zu Neideckstraße.
             2. Vorsitzender der Partei.“ Dann Voll-  wortlichen hatten während der Zeit der
             marstraße: „Georg von Vollmar auf Veld-    Eigenständigkeit keine Straßen nach nati-  ➔  Rudolf-Heß-Straße (1894–1987, Stell-
             heim, einer der großen Parlamentarier   onalsozialistischen Personen – tot oder   vertreter Adolf Hitlers, natürlicher Tod
             seiner Zeit, hervorragend auch als politi-  lebendig – benannt. Zwischen 1938 und   am 17. August 1987 im Kriegsverbre-
             scher Schriftsteller, langjähriges Mitglied   1942 kam also eine Vielzahl von Straßen-  chergefängnis Berlin-Spandau) zu
             des Deutschen Reichstages und des Bay-  namen nach damals lebenden National-    Rabensteinstraße.
             erischen Landtages, Führer der Sozial-  sozialisten nach München, so dass seit
             demokratischen Partei Bayerns, geboren   der Eingemeindung von Aubing, Langwied   ➔  Adolf-Wagner-Straße (1890–1944,
             7.8.1850 in München,  gestorben   und Lochhausen am 1. April 1942 folgen-    NSDAP-Gauleiter München-Oberbayern,
             30.6.1922 in Urfeld am Walchensee.“    de lebende Namengeber im erweiterten   natürlicher Tod) zu Seldeneckstraße.
                                             Münchner Stadtgebiet zu finden waren:
                                                                               ➔  Ritter-von-Epp-Straße (1868–1946,
           Eingemeindungen: allgemein        Hans Dauser (1877–1969) 1-mal, Franz   Reichsstatthalter in Bayern, natürlicher
                                             von Epp (1868–1946) 5-mal, Wilhelm   Tod in der Haft) zu Streitbergstraße.
           Bei Eingemeindungen müssen aus prakti-  Frick (1877–1946) 1-mal, Joseph Goeb-
           schen Gründen solche Straßennamen geän-  bels (1897–1945) 1-mal, Hermann Göring   Diese unangenehme Ansammlung von
           dert werden, die in der eingemeindenden   (1893–1946) 4-mal, Rudolf Heß (1894-    Verbrechern auf Straßenschildern machte
           Stadt bereits bestehen, um Verwechslungen   1987) 1-mal, Adolf Hitler (1889–1945)   also Platz für die unverfängliche, mittel-
           auf vielen Gebieten, etwa dem Taxibereich,   7-mal, Franz  Xaver Schwarz (1875–1948)   alterliche Burgenlandschaft Nordbayerns.
           zu vermeiden. Ein bekanntes Beispiel für   1-mal, Ludwig Siebert (1874–1942) 1-mal,   Die braunen Benennungen waren in den
           das Gegenteil liefert die Stadt Berlin. Im   Adolf Wagner (1890–1944) 7-mal sowie   neuen Siedlungen entstanden, in denen
           Jahr 1920 entstand das heutige Groß-   Alois Wunder (1878–1974) 1-mal – alle-  die Belegschaft des nahen Reichsbahn-Aus-
           Berlin durch die Eingemeindung von sechs   samt hochrangige Nationalsozialisten,   besserungswerkes an der Papinstraße 53
           kreisfreien Städten, 59 Landgemeinden   ohne aus Platzgründen hier auf Näheres   und der Dornier-Flugzeugwerke an der
             sowie 27 Gutsbezirken zur flächenmäßig   eingehen zu können. Diese politisch be-  Brunhamstraße 21 lebte. Die aggressiven
           zweitgrößten und nach Einwohnern dritt-  lasteten Straßennamen verschwanden   Straßennamen passten somit thematisch zu
           größten Stadt der Welt mit fast vier Millio-  gleich nach Kriegsende 1945. Nur der   diesen für die Rüstung wichtigen Betrieben.
           nen Menschen.                       Pasinger Oberbürgermeister der Jahre
                                             1907 bis 1938, Alois Wunder, kam im Jahr
           Da stellte sich eine konsequente Umbenen-  1978 wieder in Pasing zu Ehren, nachdem   1951: Pacellistraße
           nung natürlich schwierig dar, weswegen es   er gestorben und seine politische Färbung
           heute dort noch sieben Schulstraßen und   vergessen worden war.     Am 6. März 1951 benannte der Stadtrat die
           zwei Schulwege gibt, um nur einige Mehr-                            Pfandhausstraße von 1805 in Pacellistraße
           fachbenennungen aufzuführen. Zu München                             um, Namengeber war der noch lebende
           kamen während des Dritten Reiches folgen-  Aubing                   Papst Pius XII. (1876–1958), bürgerlich
           de zwölf Gemeinden: Riem am 1. Januar                                 Eugenio Pacelli. Anknüpfend an die in der
           1937; Feldmoching, Großhadern und Pasing   Lediglich die Neubaugebiete von Aubing   Vergangenheit manchmal geübte Praxis,
           am 1. April 1938; Allach, Ludwigsfeld,   seien beispielhaft näher betrachtet. Die   verdiente Münchner Bürger zu einem run-
           Obermenzing, Untermenzing sowie Solln   zentrale Adolf-Hitler-Straße wurde gleich   den Geburtstag mit einer Straßenbenen-
           am 1. Dezember 1938 sowie als Letzte Au-  nach Kriegsende am 1. Juli 1945 zur   nung zu ehren, lautete der Antrag dazu:
           bing, Langwied und Lochhausen am 1. Ap-    Limesstraße. Ein ähnliches Schicksal ereil-  „Anlässlich des 75. Geburtstages Seiner
           ril 1942 mit insgesamt vier Schulstraßen   te am selben Tag folgende Verkehrswege   Heiligkeit, des Papstes Pius XII., erhält
           und einem Schulweg. Bei 850.000 Einwoh-  nach Personen, die am Tag der Eingemein-  eine repräsentative Straße oder ein bedeu-
           nern gestaltete sich hier eine konsequente   dung, dem 1. April 1942, noch lebten:  tender Platz den Namen Pacellistraße oder




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