Page 10 - Taxikurier April 2024
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Ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist und Mietwagengewerbe kann jedenfalls kei- Einzelaufzeichnungen ausschließlich in
die zur elektronischen Datenverarbeitung nen Massenanfall von Geschäftsvorfällen, Form von Schichtzetteln oder Kassenbü-
eingesetzte Hardware und Software, die der aus Zumutbarkeits- oder Praktikabili- chern (unter den engen Voraussetzungen
elektronische Aufzeichnungen zur Doku- tätsgründen aufzeichnungsprivilegiert des BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2012
mentation von Geschäftsvorfällen und so- wäre, für sich und seine Besteuerung gel- X B 133/11) erfüllen damit grundsätzlich
mit Grundaufzeichnungen erstellt. Als elek- tend machen. nicht die gesetzlichen Anforderungen.
tronische Aufzeichnungssysteme gelten
auch elektronische Vorsysteme mit externer Der Anwendungserlass zum § 146 AO Die von den Taxi- und Mietwagenunterneh-
Geldaufbewahrung (vgl. AEAO zu § 146 gibt allerdings vor, dass „branchenspezifi- men üblicherweise erstellten Papierauf-
Tz. 2.1.4). Taxameter sind nach dieser Vor- sche Mindestaufzeichnungspflichten und zeichnungen müssen vollständig vorliegen
schrift als elektronische Aufzeichnungs- Zumutbarkeitsgesichtspunkte zu berück- und sind immer im Kontext zu den digital
systeme zu bewerten. sichtigen sind“. Diese Einschränkung kann geführten Ursprungsaufzeichnungen zu be-
aber nicht zur Folge haben, dass grund- trachten (= Parallelität von Papier und Da-
Der steuerpflichtige Taxi- und Mietwagen- legende Aufzeichnungs- und Aufbewah- ten). Andernfalls liegt ein formeller Mangel
unternehmer kann sich beim Einsatz eines rungspflichten in toto ignoriert werden – vor, da die durchgängige Prüfbarkeit nicht
elektronischen Aufzeichnungssystems nicht lediglich auf die Frage des Umfangs der oder jedenfalls nicht vollumfänglich ge-
darauf berufen, dass eine Einzelaufzeich- Aufzeichnungspflicht kann dies Einfluss währleistet ist.
nungspflicht nicht zumutbar wäre (vgl. nehmen.
AEAO zu § 146 Tz. 2). Eine solche Unzu-
mutbarkeit kann schon alleine deshalb 3. Schichtzettel
nicht angenommen werden, weil sich der 2. Elektronische Aufzeichnungen
Einsatz des elektronischen Aufzeichnungs- Wie vorgetragen ist das Taxi- und Miet-
systems bereits aus dem Branchenrecht Seit dem 1. Januar 2002 sind Unterlagen wagengewerbe grundsätzlich verpflichtet,
ergibt (vorliegend: Taxameter nach § 29 im Sinne des § 147 Abs. 1 AO, die mit Hilfe seine Betriebseinnahmen einzeln aufzu-
Abs. 1 BOKraft). eines Datenverarbeitungssystems erstellt zeichnen, vgl. BFH-Urteil vom 12.05.1966,
worden sind, während der Dauer der Auf- Az. IV 472/60 sowie obige Ausführungen.
bewahrungspflicht Dies kann, muss aber nicht im Rahmen der
Hinweis des Landesverbandes: sogenannten „Schichtzettel“ erfolgen,
➔ jederzeit verfügbar, nachdem der Gesetzgeber die Erzeugung
Die für bestimmte Branchen im Einzelhan- ➔ unverzüglich lesbar und von Schichtzetteln nicht vorschreibt.
del geltende Privilegierung hinsichtlich ➔ maschinell auswertbar aufzubewahren.
der Aufzeichnungspflicht (Stichwort Mas- Der BFH (u.a. Urteil vom 26.02.2004 – XI
senanfall unterschiedlicher geringwertiger Dies ergibt sich aus § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO R 25/02, BStBl II 2004, 599, Streitjahre:
Geschäftsvorfälle an viele unbekannte Ein- sowie aus der GoBD, einer Verwaltungs- 1990, 1991, 1992) hat aber branchenspezi-
zelpersonen) ist für das Taxi- und Mietwa- anweisung des Bundesministerium der fisch für das Taxigewerbe geregelt, dass in
genunternehmen nicht einschlägig. Diese Finanzen, den „Grundsätze zur ordnungs- allen Fällen, in welchen keine Einzelauf-
Ausnahme der Einzelaufzeichnungsver- mäßigen Führung und Aufbewahrung von zeichnungen (sprich Aufzeichnung eines je-
pflichtung sind in § 146 Abs. 1 Satz 2 AO Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen den Geschäftsvorfalls) geführt werden, die
und im Anwendungserlass geregelt: in elektronischer Form sowie zum Daten- sogenannten Schichtzettel in Verbindung
zugriff“ gemäß BMF-Schreiben vom mit den Angaben, die sich aus dem Kilo-
„Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach 31.12.2014, Neufassung vom 01.01.2020. meterzähler und dem Taxameter des einzel-
Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen Der Begriff des Datenverarbeitungssystems nen Taxis ablesen lassen, den Mindestan-
bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von umfasst unstrittig auch die relevanten forderungen der Einzelaufzeichnungspflicht
nicht bekannten Personen gegen Barzah- elektronischen Aufzeichnungssysteme Taxa- genügen.
lung nicht.“ meter und Wegstreckenzähler (vgl. AEAO zu
§ 146 Tz. 2.1.4). Es handelt sich hierbei um eine Erleichte-
Nachdem es sich bei den steuerbaren Um- rungsregelung, die der Landesverband Bay-
sätzen eines Taxi- und Mietwagenunterneh- Für die Praxis des Taxi- und Mietwagenun- erischer Taxi- und Mietwagenunternehmen
mens ganz überwiegend um Erlöse der ternehmers bedeutet diese Vorschrift, dass e.V. nicht empfiehlt. Hiernach kann anstel-
Personenbeförderung handelt, bei der elektronisch erzeugte Taxameterdaten ge- le der Aufzeichnung jedes einzelnen Ge-
nachvollziehbarweise ein „geordnetes mäß §§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO und 147 Abs. 2 schäftsvorfalls unter Umständen die Auf-
Nacheinander“ vorliegt (erst wenn eine Nr. 2 AO als Einnahmeursprungsaufzeich- zeichnung von kumulierten Schichtdaten
Fahrt beendet ist, kann der nächste Fahr- nungen und erstes Glied in der Aufzeich- ausreichen (z.B. in Fällen, in denen bauart-
gast bedient werden), scheidet die Auf- nungskette aufzubewahren und im Rahmen bedingt keine Möglichkeit zur Speicherung
zeichnungserleichterungsregel des § 146 einer Außenprüfung (maschinell auswert- und/oder Aufbewahrung der Einzeldaten
Abs. 1 Satz 2 regelmäßig aus. Das Taxi- bar) vorzulegen sind. des Taxameters gegeben ist).
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