Page 22 - Taxikurier Juli 2023
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UNTERHALTSAMES
➔ SCHROTTIS WELT
Von Michael Schrottenloher
ABSAGE sie beim nächsten Mal wieder ein Konzept als Kanzlerkandidat der Union (2021) nicht
einreichen, das sich an alle Ausschreibe- zu gefährden? – völlig „abwegig” sei das,
Vom 5. bis 10. September 2023 findet die bedingungen hält". Dabei hatten David & „eindeutig nein”, wies der ansonsten gerne
IAA (Internationale Automobilausstellung) Co. laut Merkur durchaus ein Verkehrskon- schwammig formulierende Pofalla diese
wieder in München statt. Unmittelbar da- zept vorgelegt: „Der Durchgangsverkehr Vorstellung ungewohnt klar zurück. Ja, gut,
vor (3.–5. September) richtet die Stadt den sollte dabei außen herum über den Mitt- er habe mit Söder schon kommuniziert und
„Mobilitätskongress” aus. Laut Mobilitäts- leren Ring und durch den Richard-Strauss- z. B. Geburtstagswünsche ausgetauscht,
referat erhalten „engagierte Bürger*innen Tunnel gelenkt werden”. Innovativer geht’s aber über die Probleme bei dem Bau der
und bürgerschaftliche Organisationen in doch wirklich nicht mehr! Stammstrecke sei dabei nie gesprochen
diesem Zusammenhang erneut die Gelegen- worden.
heit, innovative Projekte und Konzepte Und noch eine Absage droht unseren städ-
direkt vor ihrer Haustür umzusetzen”. tischen Verkehrsberuhigern, denn die ge- Zwei Tage nach Pofalla trat DB-Chef Richard
Schrottis Zwischenfrage: müsste es nicht plante Fußgängerzone (Fußgänger:innen- Lutz beim U-Ausschuss an und bot eine
„bürger*innenschaftliche Organisationen” zone?) in der Weißenburger Straße (siehe ähnlich surreale Vorstellung. Warum die DB
heißen? Egal. Jedenfalls hat der Stadtrat auch TAXIKURIER Januar 2023) stößt bei erst im Sommer 2022 die neue Kosten- und
dazu ein Budget von 200.000 Euro zur Ver- den dortigen Bürgern mehrheitlich auf Zeitschätzung bekanntgegeben habe, ob-
fügung gestellt. Und auch Zeit, denn die Ablehnung. Der Testlauf wurde ohnehin wohl die bayerische Staatsregierung schon
Projekte dürfen zwischen Mitte Juli 2023 bereits um ein Jahr auf 2024 verschoben, zweieinhalb Jahre zuvor davon gewusst
und dem 10. September, mithin bis zu zwei und eine Bürger:innenversammlung Ende hat, wurde auch er gefragt. Er, meinte
Monate lang umgesetzt werden. Und so Mai brachte nun gar eine knappe Abstim- Lutz, habe erst durch einen Brandbrief
kommt z. B. der Verein „Green City” zum mungsmehrheit dafür, das Projekt ganz Söders vom März 22 davon erfahren, aber
Zuge, der den Hackenplatz zu einem „Ort einzustellen. da seien die Zahlen noch nicht präzise
zum Mitmachen, Abkühlen und Ausruhen“ genug gewesen und sie hätten noch nicht
machen will. Moment mal: welchen Platz? den nötigen „Reifegrad” und „Härtegrad”
Einen „Hackenplatz” gibt es nicht in AUFTRITT, 2. DURCHGANG gehabt. In den internen Quartalsberichten
München. Auch egal; gemeint ist der der DB habe es bis März 2022 keine „ernst-
kleine, namenlose Platz an der Fahrbahn- Im letzten Heft berichtete der Schreiber zunehmenden” Hinweise auf Probleme ge-
verschwenkung zwischen Hacken- und vom durchaus denkwürdigen Auftritt des geben und deshalb habe er keinen Anlass
Brunnstraße. Ältere Fiaker, die noch mit ehemaligen Infrastruktur-Vorstandes der gesehen, das Projekt „misstrauisch und
Sprechfunk, aber ohne Navi gefahren sind, DB, Roland Pofalla, vor dem Untersu- bösgläubig” zu hinterfragen. Dass schon
wissen spätestens jetzt, wovon die Rede chungsausschuss des Landtages zum Anfang Oktober 2020 zwischen Pofalla und
ist. Kurzum, mit dem verstärkten Aufkom- Stammstreckendesaster. Da Pofallas erster der damaligen bayerischen Verkehrsminis-
men von Blumenkübeln und Bierbänken Auftritt selbst ein Desaster war, durfte er terin Schreyer (CSU) wegen des sich ab-
mitten in der Straße wird hier und andern- am 10. Mai erneut antreten und gab sich zeichnenden Desasters auf offener Bühne
orts in München zu rechnen sein. Aller- diesmal immerhin konzilianter, trug aber die Fetzen geflogen seien, habe er nicht
dings – und das ist die gute Nachricht – kaum Neues vor. Die spätestens seit 2020 erfahren und deshalb nicht wissen können.
nicht an der westlichen Isarparallele bekannte Kostensteigerung von 3,2 auf So etwas müsse nicht an die Konzernspitze
zwischen Brudermühlstraße und Isarring, (Stand heute) 8,5 Milliarden sowie die herangetragen werden. Schrottis Zwischen-
wo der altbekannte Verein Isarlust e.V. Bauverzögerung um rund zehn Jahre sei frage: was denn dann?
zusammen mit etwa 30 anderen Vereinen der bayerischen Staatsregierung nur des-
und Einrichtungen die Straßen auf 6,8 Ki- halb nicht mitgeteilt worden, da die Zahlen Und schließlich, hollereidulliöh, hatte
lometer für den Durchgangsverkehr sperren noch nicht überprüfbar gewesen seien. Ex-Bundesverkehrsminister (bis 8. 12.
wollte. Begründung der Absage durch das Und überhaupt sei er jährlich für rund 2021) Andreas Scheuer, unser Maut- und
Mobilitätsreferat laut Münchner Merkur 30.000 Bahn-Baustellen zuständig gewesen Uber-Andi, seinen Termin vor dem Aus-
vom 11.5.23: das Projekt wäre zu teuer und nur drei- bis viermal im Jahr über den schuss. Ja, die zweite Münchner S-Bahn-
geworden und ein geeignetes Verkehrs- Stand der Dinge bei der 2. Stammstrecke röhre sei schon unter den „Top 5” der
konzept habe gefehlt. Während Isarlust- informiert worden. Bahnprojekte gewesen, aber neben vielen
Guru Benjamin David behauptet, ein anderen doch auch längst nicht das einzi-
solches sei nie gefordert worden, löckt Wie bitte, er könne etwa gebeten worden ge, weshalb er in seiner Amtszeit nicht
Nikolaus Gradl (SPD) doch tatsächlich sein, die schlechten Nachrichten absicht- ständig darüber informiert worden sei. „Ich
gegen Davids Stachel und fordert, „dass lich zurückzuhalten, um Söders Bewerbung war doch nicht der Bundesminister für die
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