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recht kompakt
VERKEHRSRECHT
➔ ANHÖRUNGSVERFAHREN
Das Anhörungsverfahren als wichtige Voraussetzung Die Rechtswirkung dieser Anhörung ist damit höher als die der
für die Antragsprüfung gutacht lichen Anhörung der Institutionen. Daraus ist vor allem
abzuleiten, dass ein Widerspruchs- und gegebenenfalls auch ein
Im vierstufigen Genehmigungsverfahren (Antrag auf Erteilung Klagerecht des vorhandenen Unternehmers wegen Rechtsverlet-
einer PBefG- Genehmigung– Anhörung – Prüfung des Antrages zung bei Fehlern besteht, während den anderen, nur gutachtlich
– Entscheidung über den Antrag) stellt das Anhörungsverfah- anzuhörenden Stellen ein solches Klagerecht fehlt. Selbst wenn
ren die zweite Stufe dar. Das Anhörungsverfahren hat den im Gesetz steht, dass die Behörde bspw. die Verkehrsverbände
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Zweck, der Genehmigungsbehörde die Entscheidung über den gutachtlich zu hören hat, dies danach also zwingend vorge-
Antrag dadurch zu erleichtern, dass die anzuhörenden Stellen schrieben ist, folgt dem noch kein sog. subjektiv öffentlich-
zu allen Fragen Stellung nehmen, die für die Genehmigungs- rechtlicher Anspruch eines nicht gehörten Verbandes auf eine
entscheidung von Bedeutung sind bzw. sein können. derartige Betei¬ligung in diesen Genehmigungsverfahren .
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Der Bundesverband TMV verfolgt gerade zu diesem Punkt gerade
eine Gesetzesinitiative; er will zur Stärkung der Stellung der
Institutionen das „gutachtlich“ streichen lassen. Vorhandene
Unternehmer des Gelegenheitsverkehrs haben keinen rechtlichen
Anspruch darauf, angehört zu werden. Zugelassene Taxenunter-
nehmer und erst recht Bewerber um Taxengenehmigungen kön-
nen auch deshalb die Erteilung der Genehmigung an andere
Bewerber nicht mit der Klage anfechten , so jedenfalls immer
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noch die herrschende Meinung in der Rechtsprechung.
Die gesetzlich vorgesehene Frist zur Geltendmachung des An-
hörrechts von zwei Wochen ist keine Ausschlussfrist. Später
eingehende Stellungnahmen können also von der Behörde be-
rücksichtigt werden und auch eine Verlängerung der Stellung-
nahmefrist auf entsprechenden Antrag ist damit zulässig.
Der Sinn der Anhörung liegt keineswegs darin, dass der Anhö- Wo steht’s im Gesetz?
rungsberechtigte dabei nur seine persönlichen Interessen wahr- 1 § 14 PBefG
nimmt . Diese Stellungnahme ist demnach nur dann sachge-
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recht, wenn sie in der Darlegung von Tatsachen besteht, die für Welches Gericht hat so entschieden?
die Beurteilung der subjektiven und objektiven Genehmigungs- 2 BVerwG, Urt. v. 02.06.1955 –1 C 102/53 –;
voraussetzungen rechtserheblich sind, und in der Mitteilung von 3 OVG Berlin, Urt. v. 13.02.1991 –;
Tatsachen und Rechtsverhältnissen, wenn durch die Erteilung der 4 BVerwG, Urt. v. 28.06.1963 – VII C 139/61 –
beantragten Genehmigung in private Rechte oder in öffentlich-
rechtliche Rechtsbeziehungen eingegriffen werden würde. Das
Anhörungsverfahren ist nicht nur bei der (Erst-)Erteilung der
Grundgenehmigung, sondern auch bei der Wiedererteilung, bei Der Autor:
der Erweiterung oder wesentlichen Änderung des Unternehmens, Rechtsanwalt Thomas Grätz
der Übertragung der Genehmigung („Verkauf“) sowie der Übertra- ist seit über 30 Jahren mit
gung der Betriebsführung „Verpachtung“) durchzuführen. Anzu- Personenbeförderungsrecht
hören ist darüber hinaus bei der Taxitariffestsetzung wie auch befasst und war Geschäftsführer
bei Festsetzung bzw. Änderung der Taxenordnung. vom damaligen Taxi-Bundes-
verband BZP. Bekannt ist auch
Die von der Genehmigungsbehörde anzuhörenden Stellen sind sein PBefG- Standardwerk
im Gelegenheitsverkehr die Betriebssitzgemeinde, die Gewerbe- „Fielitz ⁄ Grätz“.
aufsichtsbehörde, die Industrie- und Handelskammer, Fachge-
werkschaften sowie Verkehrsverbände. Die Problemstellung ist,
dass im Gelegenheitsverkehr die Stellen nur gutachtlich zu hören
sind; im Unterschied dazu sind im Linienverkehr die bereits
vorhandenen Unternehmer uneingeschränkt anzuhören.
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