Page 18 - Taxikurier März 2024
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Nach kurzem Aussteigen während Trunkenheitsfahrt Amtsgericht wies Klage ab
beginnt keine neue Fahrt
Das Amtsgericht St. Wendel wies die Klage ab. Es warf der Klägerin
Die vom Beklagten gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision vor, lediglich den von rechts kommenden Verkehrsraum beobachtet
hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Neu- zu haben. Sie hätte bei der Annäherung den linken Verkehrsraum
erteilung der Fahrerlaubnis. Das OVG hat ohne Bundesrechtsver- beobachten müssen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die
stoß angenommen, dass die Klägerin am 2. April 2015 nicht – wie Berufung der Klägerin.
in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV vorausgesetzt – wiederholt Zu-
widerhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss began-
gen hat. Das ist nur dann der Fall, wenn der Betroffene in mindes- Landgericht bejaht Anspruch auf vollen Schadensersatz
tens zwei vom äußeren Geschehensablauf her eigenständigen
Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlun- Das Landgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Klägerin.
gen begangen hat. Auch wenn eine Trunkenheitsfahrt nach einem Ihr stehe der Anspruch auf vollen Schadensersatz zu. Die Beklagte
alkoholbedingten Unfall in Kenntnis der eigenen Fahruntüchtigkeit habe durch die Verletzung des Vorfahrtsrechts der Klägerin den
fortgesetzt wird, kann ein einheitlicher Geschehensablauf vor- Unfall allein verschuldet. Der Klägerin sei kein Verkehrsverstoß
liegen. Im Fall der Klägerin ist die Annahme des OVG nicht zu anzulasten.
beanstanden, dass die Trunkenheitsfahrt, die unfallbedingt nur für
wenige Minuten unterbrochen war, einen einheitlichen Lebens-
sachverhalt darstellt. Keine Pflicht zur ständigen Bobachtung
des linken Verkehrsraums
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.12.2023 – 3 C 10.22)
Bei einer „rechts-vor-links"-Kreuzung dürfe ein Verkehrsteilnehmer
grundsätzlich darauf vertrauen, so das Landgericht, dass der ihm
Bei Annäherung einer „rechts-vor-links”-Kreuzung gegenüber wartepflichtige, von links kommende Verkehrsteilneh-
muss wartepflichtiger Verkehrsraum nach links nicht mer sein Vorfahrtsrecht beachtet. Zudem folge aus der Rücksicht-
ununterbrochen beobachtet werden nahmepflicht nicht, dass der wartepflichtige Verkehrsraum nach
links auch schon während der Annäherung an die Einmündung un-
unterbrochen beobachtet werden müsse, zumal die Pflicht bestehe,
Ausschließliches nach links schauen stellt Pflichtenverstoß dar von rechts kommende Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt zu gewähren
und es daher einen Pflichtenverstoß darstelle, wenn ausschließlich
Bei der Annäherung einer „rechts-vor-links“-Kreuzung muss der nach links geschaut wird.
wartepflichtige Verkehrsraum nach links nicht ununterbrochen
beobachtet werden. Denn wer ausschließlich nach links schaut (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.11.2023 – 13 S 30 ⁄ 23)
und damit den von rechts kommenden vorfahrt berechtigten Ver-
kehr nicht beobachtet, begeht einen Pflichtenverstoß. Dies hat
das Landgericht Saarbrücken entschieden. Vorrang des Rechtsabbiegers umfasst Wahl
zwischen mehreren Fahrspuren zur Weiterfahrt
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2022 kam
es auf einer Kreuzung im Saarland zu einem Verkehrsunfall zwi-
schen zwei Pkw. An der Kreuzung galt „rechts-vor-links". Die eine Kein Vertrauen des Linksabbiegers auf Nutzung
Pkw-Fahrerin wollte nach rechts abbiegen. Die andere Pkw-Fahre- der rechten Fahrspur durch Rechtsabbieger
rin kam ihr entgegen und wollte in dieselbe Straße abbiegen,
wobei es zu einer Kollision kam. Am Fahrzeug der nach rechts ab- Der Vorrang des Rechtsabbiegers umfasst auch die Wahl zwischen
biegenden Fahrerin entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa mehreren Fahrspuren zur Weiterfahrt. Der Linksabbieger darf also
3.700,00 Euro. Da die Haftpflichtversicherung der entgegenkom- nicht darauf vertrauen, dass der Rechtsabbieger zur Weiterfahrt die
menden Fahrerin den Schaden nur zu 75 % regulierte, erhob die rechte Fahrspur nutzt. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken
nach rechts abbiegende Pkw-Fahrerin Klage auf Zahlung des restli- entschieden. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Ap-
chen Schadensersatzes. ril 2021 kam es auf einer Kreuzung in Saarbrücken zwischen zwei
Pkw zu einem Verkehrsunfall. Der Fahrer eines VW Polo bog nach
rechts ab und wollte zur Weiterfahrt die linke Fahrspur nutzen. Zur
gleichen Zeit bog ein entgegenkommender Linksabbieger ebenfalls
in die linke Fahrspur ab. Der Linksabbieger ging davon aus, dass
der Polo-Fahrer zur Weiterfahrt die rechte Fahrspur nutzen würde.
Der Links abbieger klagte schließlich auf Zahlung von Schadenser-
satz. Das Landgericht Saarbrücken wies diese ab. Dagegen richtete
sich die Berufung des Klägers.
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