Page 23 - Taxikurier April 2024
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Streit um Schadensersatz nach Verkehrsunfall mit einem gerade entleerten Müllcontainer kollidierte. Der Senat
auf Tankstellengelände hat in diesem Fall einen Verstoß der Fahrerin gegen die Straßen-
verkehrsordnung bejaht.
Kein Anspruch auf zusätzlichen Schadensersatz Die Klägerin, ein Pflegedienst, machte gegen einen für die Abfall-
mangels eindeutiger Beweislage wirtschaft zuständigen kommunalen Zweckverband Schadensersatz-
ansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend, bei dem eines ihrer
Das Amtsgericht München hatte über Schadens ersatz ansprüche aus Pflegedienstfahrzeuge beschädigt wurde. Eine Mitarbeiterin der
einem Verkehrsunfall auf einem Tankstellengelände im Münchener Klägerin fuhr mit diesem Fahrzeug aus der Gegenrichtung kom-
Westen zu entscheiden. Wie sich der Unfall im Einzelnen ereignet mend an einem Müllabfuhrfahrzeug des beklagten Zweckverbandes
hatte, war zwischen den Parteien streitig. Der Fahrer des klägeri- vorbei, das mit laufendem Motor, laufender Schüttung und einge-
schen Fahrzeugs hatte bei der Tankstellenausfahrt abgebremst, um schalteten gelben Rundumleuchten sowie Warnblinkanlage in der
vorfahrtsberechtigten Verkehr passieren zu lassen. Anschließend Straße stand. Dabei kam es zu einer Kollision des klägerischen
kam es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen. Streitig war, wer Fahrzeugs mit einem Müllcontainer, den ein bei dem Beklagten
aufgefahren ist. Die Klägerin behauptete, das Beklagtenfahrzeug angestellter Müllwerker hinter dem Müllabfuhrfahrzeug quer über
sei aufgefahren. Die Beklagten behaupteten hingegen, beide Fahr- die Straße schob. Mit der Klage hat die Klägerin Erstattung der
zeuge seien zunächst stehen geblieben. Das klägerische Fahrzeug Fahrzeugreparaturkosten verlangt. Das Landgericht hat der Klage
habe anschließend plötzlich und unvermittelt zurückgesetzt und gegen den Beklagten unter Zugrundelegung einer Haftungsquote
sei dem Beklagtenfahrzeug auf die Frontstoßstange aufgefahren. von 50 zu 50 teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Kläge-
Außergerichtlich wurde der Schaden bereits zu 50 % durch die rin hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts teilweise
Haftpflichtversicherung des Beklagtenfahrzeugs reguliert. Die Klä- abgeändert und den Beklagten unter Zugrundelegung einer Haf-
gerin machte mit ihrer Klage weiteren Schadensersatz in Höhe von tungsquote von 75 (Beklagter) zu 25 (Klägerin) zu weiterem Scha-
1.863,17 EUR geltend. densersatz verurteilt. Es ist dabei davon ausgegangen, dass der
Fahrerin des Pkw kein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung
anzulasten sei.
AG weist zusätzliche Schadensersatzforderung ab
Das Gericht wies die Klage ab. Die Klagepartei hat gegen die Be-
klagten keinen weiteren Schadensersatzanspruch. Es ist nicht auf-
klärbar, ob das Beklagtenfahrzeug dem klägerischen Fahrzeug auf-
gefahren ist oder ob das klägerische Fahrzeug rückwärts gegen das
Beklagtenfahrzeug gefahren ist. Trotz der Zeugenaussagen, ein-
schließlich des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs, der behaupte-
te, das Beklagtenfahrzeug sei ihm ins Heck gefahren, und des in-
formatorisch angehörten Beklagten, der aussagte, das klägerische
Fahrzeug sei rückwärts auf ihn aufgefahren, konnte kein eindeuti-
ger Beweis erbracht werden. Ein Sachverständiger erklärte zudem,
dass technisch beide Unfallversionen möglich seien. Eine aktive
Rückfahrt des klägerischen Fahrzeugs sei auch hinsichtlich der hier
vorliegenden Fahrzeugparameter möglich. Mangels eindeutiger Be-
weislage und da beide Parteien glaubwürdig erschienen, entschied
das Gericht auf eine hälftige Teilung der Haftung. Da bereits 50 %
des Schadens erstattet wurden, besteht kein Anspruch auf weitere
Zahlungen, und die Klage wurde abgewiesen.
(Amtsgericht München, Urteil vom 27.11.2023 - 336 C 6248 ⁄ 22)
Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung
bei Vorbeifahrt an einem Müllabfuhrfahrzeug
Gefahr dem Müllfahrzeug zuzurechnen
BGH sah Verschulden auf beiden Seiten Die Revision des Beklagten hatte Erfolg. Das Urteil des Berufungs-
gerichts wurde aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht
Der Bundesgerichtshof hat über einen Fall entschieden, in dem zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der
eine Pkw-Fahrerin an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifuhr und Klägerin steht gegen den Beklagten als Halter des Müllabfuhrfahr-
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