Page 25 - Taxikurier April 2024
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des ersten Anscheins. Der Beklagten sei dagegen kein Verkehrsver-
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                                                              nahme zulässig gewesen. Gegen diese Entscheidung richtete sich
                                                              die Revision des Klägers.
           BGH: Unzulässiges Rückwärtsfahren in Einbahnstraße
           zwecks Ermöglichung der Ausfahrt eines anderen Fahrzeugs
           aus Parklücke                                      Bundesgerichtshof verneint Zulässigkeit des Rückwärtsfahren

                                                              Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Klägers. Die Be-
           Zulässig ist Rückwärtseinparken oder Rückwärtsausfahrt    klagte habe in unzulässiger Weise die Einbahnstraße rückwärts
           von einem Grundstück                                 befahren. Lediglich unmittelbares Rückwärtseinparken sowie Rück-
                                                              wärtsausfahren von einem Grundstück sei zulässig. Demgegenüber
           Das Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße, um damit einem   sei Rückwärtsfahren auch dann unzulässig, wenn es dazu dient,
             anderen Fahrzeug das Ausparken zu ermöglichen, ist unzulässig.   erst zu einer freien oder freiwerdenden Parklücke zu gelangen oder
           Zulässig ist lediglich das unmittelbare Rückwärtseinparken oder   einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen,
           die Rückwärtsausfahrt von einem Grundstück. Dies hat der Bundes-  um anschließend selbst in diese einfahren zu können.
           gerichtshof entschieden.
           Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In Nordrhein-Westfa-  Kein Anscheinsbeweis wegen unzulässigen Rückwärtsfahren
           len kam es in einer Einbahnstraße zu einem Zusammenstoß zu ei-
           nem Verkehrsunfall als eine Fahrzeugführerin Rückwärts fuhr, um   Gegen den Kläger spreche kein Anscheinsbeweis für einen Verstoß
           einem anderen Fahrzeug das Ausparken zu ermöglichen und an-  gegen § 10 Satz 1 StVO oder § 9 Abs. 5 StVO, so der Bundesge-
           schließend selbst in der Parklücke einzufahren. Zur gleichen Zeit   richtshof. Es liege für die Anwendung des Anscheinsbeweises er-
           fuhr ein anderer Fahrzeugführer rückwärts aus einer Grundstücks-  forderliche Typizität schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte die
           zufahrt, wodurch es zum Zusammenstoß kam. Nachdem die Haft-  Einbahnstraße in unzulässiger Weise rückwärts befuhr. Es gebe
           pflichtversicherung der Fahrzeugführerin den Schaden des Fahr-  keinen Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt, dass
           zeugführers zu 40 % regulierte, klagte dieser auf Zahlung der   unter diesen Umständen den rückwärts aus der Grundstückszufahrt
           restlichen 60 %.                                   auf die Einbahnstraße einfahrenden Kläger ein Verschulden treffe.


           Amtsgericht gab Klage statt, Landgericht wies sie ab  Zurückweisung des Falls

           Während das Amtsgericht Düsseldorf der Schadensersatzklage   Der Bundesgerichtshof wies den Fall zwecks Prüfung des Vorliegens
           stattgab, wies sie das Landgericht Düsseldorf ab. Seiner Auffas-  eines Verschuldens des Klägers an das Landgericht zurück. Dabei
           sung nach hafte der Kläger zu 60 % für die Unfallfolgen. Er habe   gab er zu bedenken, dass der Kläger grundsätzlich nicht mit dem
           zum einen gegen § 10 Satz 1 StVO verstoßen, indem er die Vor-  unzulässigen Rückwärtsfahren der Beklagten habe rechnen müssen.
           fahrt der Beklagten missachtet habe. Zudem liege ein Verstoß ge-
           gen § 9 Abs. 5 StVO vor. Für beide Verstöße spreche der Beweis   (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2023 – VI ZR 287 ⁄ 22)






             Werther   von Kummer   Nöker   Dr. Schwerdt

                                    Rechtsanwälte, Partnerschaftsgesellschaft       *
                                            Tätigkeitsschwerpunkte

                Monika Werther   *    Sven von Kummer     *      Nicola Nöker  *      Dr. Birgit Schwerdt  *
              Fachanwältin: Verkehrsrecht  Fachanwalt: Familienrecht   Fachanwältin: Arbeitsrecht   Fachanwältin: Strafrecht
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